Holländische Wahlen 15. März

Durch meine holländischen Freunde und Geschäftskontakte habe ich den holländischen Sinn für Gemeinschaft, Offenheit, einvernehmliche praktische Lösungen und das Erforschen neuer Optionen für alte Probleme kennen und schätzen gelernt. So wie zum Beispiel das experimentelle Grundeinkommen in Utrecht oder die Förderung emissionsfreier Autos. Oder die führende Stellung der Niederlande in der Umsetzung langfristiger Nachhaltigkeitsrichtlinien, die durch branchenübergreifende Zusammenarbeit unterstützt werden und weltweit begeistern. Es gibt also viele Gründe, dieses Land und seine Einwohner zu loben.

In diesem Sinne werde ich mir nun die für nächste Woche angesetzten Wahlen ansehen:

Die politische Landschaft hat sich in den letzten Jahren enorm verändert. So wie auch in anderen europäischen Ländern haben nonkonforme politische Bewegungen die Gründung neuer Parteien hervorgerufen, welche die Dominanz der etablierten Politik herausfordern. In den Niederlanden hat diese Fragmentierung 28 Parteien erzeugt, die um 150 Sitze kämpfen – wer regieren möchte muss also einige Koalitionspartner besitzen. Nur indem man Übereinstimmungen findet, kann man hier sein Ziel erreichen.

Über den Aufstieg der polarisierenden immigrations- und EU-feindlichen Partei für Freiheit (PVV) wurde schon viel geschrieben. Da alle anderen Parteien sich weigern, sich mit der PVV zusammenzuschließen, ist es unwahrscheinlich, daß sie letztendlich eine Regierungsrolle spielen wird. Trotzdem wird diese Wahl zeigen, wie sehr sich Europäer Populisten am Steuer wünschen.

Seit März befindet sich die PVV zum ersten Mal im Rückstand gegenüber der liberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) des Ministerpräsidenten Rutte, siehe http://peilingwijzer.tomlouwerse.nl.

Es könnte ein enges Rennen werden, da viele Wähler aufgrund der hohen Anzahl an Parteien mit sich oft überlappenden Programmen noch unentschieden sein könnten. Es gibt sogar eine Partei für Nichtwähler (Partij voor de Niet-Stemmers)!

Die Financial Times hat eine interessante Grafik mit 11 Szenarien für eine Koalitionsregierung mit 5 Parteien ohne die PVV veröffentlicht: https://www.ft.com/content/c5e12a58-ff75-11e6-96f8-3700c5664d3

Siehe auch die folgenden nützlichen Erklärungen der Deutschen Welle: „Was Sie über die holländischen Wahlen wissen müssen“ und „Wie die holländischen Grünen es mit Geert Wilders aufnehmen“.

Und was ist mit Cyber-Angriffen durch Hacker? Keine Angst: Die Vorgehensweise der holländischen Regierung ist schön altmodisch mit Stift und Papier.

Was hat der ganze Lärm um ein „Mehrgeschwindigkeits-Europa“ zu bedeuten?

Es scheint mir so, als ob unsere Führungskräfte in Brüssel, Berlin, Paris, Rom, Madrid und auch anderswo die Zeichen der Zeit endlich erkennen: Daß die grandiose Idee einer immer tiefergehenden europäischen Integration (zur Zeit) nicht praktikabel ist oder zu große Kosten mit sich ziehen würde und es geschickter wäre, sich mit mehr Flexibilität nach vorne zu bewegen. Im Wesentlichen geht es bei einem „Mehrgeschwindigkeits-Europa“ darum, bestimmte Entscheidungen den Mitgliedsstaaten zurückzugeben, siehe Junckers Informationsschrift.

Dies ist ein ziemlicher Tonwechsel für jemanden wie die deutsche Kanzlerin, obwohl die Idee dahinter nicht ganz neu ist. Sie lag schon letztes Jahr vor dem Brexit während Unterhaltungen mit dem ehemaligen Premierminister David Cameron auf dem Tisch, wurde jedoch offensichtlich nicht ernsthaft genug diskutiert. Ich frage mich wirklich, wie dies das Ergebnis des britischen Referendums beeinflusst hätte.

Womit ich beim Brexit angekommen bin…

Wann wird Artikel 50 ausgelöst?

Der 15. März wurde als Tag des Auslösens zitiert, doch der Zeitplan wurde wahrscheinlich durch den Widerstand im House of Lords verschoben. Letzte Woche stimmten die Adligen für einen Zusatz, der die Rechte von in Großbritannien sesshaften Europäern garantiert und einen weiteren, der dem Parlament das letzte Wort über jegliche Rücktrittsabkommen verleiht, welche die britische Regierung mit der EU bespricht.

Große britische Zeitungen wie der Mirror und die Daily Mail berichteten heute, daß Artikel 50 wohlmöglich bis Dienstag oder Donnerstag nächster Woche ausgelöst werden könnte.

Die FT berichtet, daß die britische Regierung eventuell bis zur Parteikonferenz der Scottish National Party am 17 und 18. März oder bis zum 60. Jubiläum der Römischen Verträge (welche die Gründung der EWG, dem Vorläufer der EU, hervorriefen) am 25. März warten muss.

Nebenbei bemerkt gibt es in der Presse Gerüchte, daß die britische Premierministerin Theresa May entweder auf die Feierlichkeiten in Rom verzichtet oder nicht zu diesen eingeladen wurde. Angesichts der bevorstehenden Verhandlungen würde ich mir wünschen, daß sie erscheint. Großbritannien war lange ein Schlüsselmitglied und wird in jedem Fall als Partner verbleiben. Und eine Feier ist immer ein guter Anlass, als Menschen zusammenzukommen und die Wogen zu glätten.

Ich wünsche allen ein schönes Wochenende!

Judith, 10. März 2017